Ich traue dem Frieden nicht

Leben zwischen zwei Diktaturen. Tagebücher 1945-1946

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Erscheinungstermin 09.04.2020 | Archivierungsdatum 26.06.2020

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Zum Inhalt

Der Historiker Werner von Kieckebusch (1887-1975) erlebt aus seiner vermeintlich sicheren Wohnung in Potsdam die Zeit von den letzten Artillerie- und Straßenkämpfen Ende April 1945 bis zur beginnenden SED-Herrschaft Anfang 1947. Tag für Tag hält Kieckebusch als unerbittlicher Chronist mit Hilfe seiner Schreibmaschine und auf dünnem Kriegspapier alles, was er beobachtet und erlebt, genauestens fest: Verschleppung und Erschießungen, Mord und Vergewaltigung, grausamer Hunger, Rationierungen und Tauschhandel, die Etablierung der sowjetischen Besatzungsherrschaft und das Aufkommen der neuen Sprech- und Denkverbote. Kieckebusch schreibt für seinen jüngeren Sohn, Burkhard, der im Krieg verschollen ist. Der ältere Sohn ist schon 1942 gefallen. Für Burkhard will er dokumentieren, was er erlebt und manchmal selbst kaum glauben kann. Dass auch sein jüngerer Sohn nie mehr zurückkehren wird, mag er sich nicht vorstellen. Mit der Fortführung des Tagebuchs hält er ihn für sich lebendig.
Diese minutiöse Chronik des Übergangs von einer deutschen Diktatur in die andere wird der Öffentlichkeit erstmals von Jörg Bremer zugänglich gemacht. Ein wuchtiges literarisches Monument der unmittelbaren Nachkriegszeit.

Der Historiker Werner von Kieckebusch (1887-1975) erlebt aus seiner vermeintlich sicheren Wohnung in Potsdam die Zeit von den letzten Artillerie- und Straßenkämpfen Ende April 1945 bis zur...


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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Als Gutsherr war Werner von Kieckebusch mit Prinzen bekannt, gab der Monarchie den Vorrang vor der Naziherrschaft. In seinem Tagebuch hält er die letzten Kriegstage in Potsdam und die nachfolgende Zeit unter der russischen Besatzung fest. Von den letzten Luftangriffe im April 1945 über die Willkür der Russen, den Hunger und die Ungewissheit führt von Kieckebusch bis Silvester 1946.

Obwohl ich schon viel über die Zeit der Nazidiktatur und den zweiten Weltkrieg gelesen habe, haben mir Informationen über die unmittelbare Nachkriegszeit gefehlt. Wie naiv ich war, zeigten mir bereits die ersten paar Seiten: Man hat ein Datum im Kopf, das für das Ende des Krieges steht. Dass das aber ein offizielles Datum ist, das von den Menschen nicht einmal als Kriegsende wahrgenommen wurde und es rein gar nichts mit dem Ende des Leids zu tun hat, musste ich bald schon erkennen.

Die ersten Tage sind geprägt von Toten. Ob durch die Bombenangriffe oder willkürliche Schüsse und Angriffe der Russen, Werner von Kieckebusch dokumentiert eine Welt, die nicht leicht zu verdauen ist. Von Vergewaltigungen durch die Russen aber auch zahlreichen Selbstmorden ist die Rede, von Plünderungen und Angst. Gerade über diese erste Zeit konnte ich nur häppchenweise lesen.

Und doch sind es immer wieder auch schöne Momente, die von Kieckebusch festhält. Er sieht Menschen Blumen pflücken, ihm fallen die Ziehvögel ins Auge. Bittersüß fliegen dabei seine Erinnerungen und Hoffnungen immer wieder zu seinem zweitgeborenen Sohn Burkhard, der verschollen ist. Er ist derjenige, für den er das Tagebuch in erster Linie schreibt. Obwohl seine Gedanken auch an den gefallenen Erstgeborenen und die Tochter gehen, schweifen sie immer wieder zu Burkhard. Für mich als Leserin war es umso bitterer, weil ich wusste, dass dieser für immer verschwunden bleibt. Mit den Erinnerungen an ihn sind auch die guten Zeiten auf der Jagd verbunden. Nicht nur hier liest man heraus, dass Werner von Kieckebusch einen starken Kontrast zu seinem früheren Leben, das er als Gutsherr in adligen Kreisen verbracht hat, durchlebt.

Die russische Besatzung scheint im ersten Moment zwar die unmittelbaren Schrecken des Krieges abzulösen. Nun kommt aber neues Leid dazu: stundenlanges Anstehen für Essen, Arbeitseinsätze, Räumung der Wohnung, Plünderungen, den Verlust vieler Wertgegenstände und aller Depots auf den Banken. Auch wenn es Werner von Kieckebusch und seiner Frau in manchen Situationen besser ergeht als den Bekannten, von denen er erzählt, so erlebt man mit ihm doch eine schwere Zeit.

Zwischen persönlichen Einträgen, Erinnerungen und Hoffnungen, Aufzählungen, Hinweisen auf das große Ganze, das dahintersteckt, gibt das Tagebuch einen besonderen Eindruck der Nachkriegszeit. Augenzeugenberichte empfinde ich immer als sehr wichtige Quelle. Hier kommt hinzu, dass das Tagebuch direkt aus der Zeit stammt und nicht durch die Zeit beeinflusst wurde. Damit werden die Ereignisse unmittelbarer. Kleine Begebenheiten, die im Nachhinein wohl weggelassen würden oder anders beurteilt würden, lassen die Zeit intensiver miterleben, zeigen Einblicke in den Menschen Kieckebusch genauso wie den Blick auf das Potsdam der Nachkriegszeit.

Fazit: Wichtiger Augenzeugenbericht der Potsdamer Nachkriegszeit, der von Leid, Hunger und Trauer erzählt, dabei besonders persönlich ist und einen intensiven – wenn auch nicht immer leicht verdaulichen – Einblick in die Jahre 1945/46 gibt.

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Das Ende eines Krieges bedeutet nicht auch das Ende von Leid.
Der Krieg mag zu Ende sein, doch die Menschen die diesen miterleben mussten sind es auch.

Dieses Tagebuch beschreibt eben diese Zeit nach dem Krieg. Aus erster Hand kann man von Trauer, Leid und dem Versuch das eigene Leben wieder aufzubauen lesen. Da es sich um einen Zeugenbericht handelt, der auch zu dieser Zeit geschrieben wurde und nicht auf Erinnerungen basiert - ist es eine sehr gute Sicht in die damalige Zeit. Unverfälscht und es zeigt die nackte und bittere Wahrheit.

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An dem Cover des Buches #IchtrauedemFriedennicht erkennt der interessierte Leser sofort, worum es geht. Er sieht zerbombte Häuser und viele Menschen, die sich auf der Straße tummeln. Nur der Titel wurde in der Farbe rot gedruckt, der Rest besteht aus schwarzer und weißer Farbe. So kann man auch das Buch des Werner von Kieckebusch deuten. Wenig Farbe im tristen Grau des Alltags.

Herr von Kieckebusch war Historiker und lebte von 1887 bis 1975. Er spezialisierte sich auf das Erforschen von Familiengeschichten. Bei dem Titel #IchtrauedemFriedennicht handelt es sich um ein Tagebuch, welches von ihm selbst geschrieben und von Jörg Bremer veröffentlicht wurde. Beschrieben wird die Zeit direkt nach dem 2. Weltkrieg und zwar die beiden Jahre 1945 und 1947. Schlicht und ohne jeden Schnörkel schrieb Herr Kieckebusch seine Beobachtungen auf. Er berichtet von dem Hunger und den Essensmarken, die nie zum Leben reichten. Auch mit dem Ende des Krieges und der Kapitulation, war die Gefahr des Sterbens noch lange nicht gebannt.

Es gab vermehrt Selbstmorde und die wurden nicht nur bei den Nazis vollzogen. Etliche Menschen verloren ihre ganze Familie und sahen keinen anderen Ausweg. Vergewaltigungen waren ebenfalls an der Tagesordnung und welche Frau wurde damit fertig? Auch ihnen blieb oft nur der Ausweg in den Tod. Hamsterfahrten beschreibt Herr Kieckebusch und wie stolz er war, wenn er Kohlen oder Kirschen bekam.

Mich beeindruckte das Buch sehr. Immer wieder musste ich es an die Seite legen, da die Grausamkeiten mich mitnahmen. Obwohl ich auch mehrmals schmunzeln musste, zu schön fand ich die Ausdrucksweise des Tagebuchschreibers. Wie gut, dass es auch heute noch Menschen gibt, die solche Schätze finden und sie einer breiten Leserschaft zu Verfügung stellen. Mein Dank gilt daher Herrn Bremer, von dem es übrigens ein interessantes Video zum Buch gibt. Fünf Sterne von mir und eine Aufforderung zum Lesen. Und diese auch oder besonders den Jüngeren unter Ihnen. #NetGalleyDE

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Wenn Werner von Kieckebusch dem Frieden nach dem Ende der Nazi-Diktatur nicht traut, so hat er damit Recht. Denn wenig später errichtet die Sowjetunion eine neue Diktatur, die Deutschland in West und Ost teilt und erst 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer zu Ende ist.

Der ehemalige Gutsherr Werner von Kieckebusch hat penibel Tagebuch geführt. Dieses hier umfasst die Zeit April 1945 bis Silvester 1946.

Trocken schildert er, den Alltag der Menschen in Potsdam und was sie in diesen Monaten erleben mussten: Sie wurden beraubt, vertrieben, gedemütigt, vergewaltigt und auch getötet. Allerdings schwelgt von Kieckebusch nicht im Selbstmitleid, denn er ist kein Anhänger des Regimes.

Interessant ist die Motivation, ein solches Tagebuch zu führen: Er schreibt es für seinen zweitgeborenen Sohn Burkhard, der seit Monaten vermisst wird. Sein Bruder ist bereits 1942 gefallen. Mit diesem Tagebuch sollen die Ereignisse für Burkhard nachzulesen sein. In seinen Eintragungen schwingt immer die Hoffnung mit, etwas über Burghards Verbleib zu erfahren. Die Ungewissheit ist schwerer zu ertragen, als die Nachricht vom Tod des Sohnes. Doch bis zu Werner von Kieckebuschs eigenem Tod 1975, wird die Suche nach der Gewissheit um Burkhards Schicksal erfolglos bleiben.

Trotz der vielen schrecklichen Erlebnisse und Ereignisse verliert Werner von Kieckebusch weder seinen Humor noch seine Hilfsbereitschaft.

Das Manuskript ist, wie Jörg Bremer, der mit Werner von Kieckebuschs Urenkelin verheiratet ist, ganz behutsam an die heutige Schreibweise angepasst. Der an manchen Stellen antiquiert wirkende Schreibstil lässt uns Leser direkt in diese Zeit eintauchen. Seine Zigarren nennt von Kieckebusch „Nasenwärmer“ - darüber musste ich schmunzeln.

Faszinierend finde ich auch die realistische Einschätzung des Autors, was das wirtschaftliche Fortkommen der ehemaligen großen Güter angeht. Die großangelegte Enteignung „Junkerland in Bauernhand“, Zerteilung in kleine Parzellen und die willkürliche Ansiedlung von Menschen, die keine Ahnung von der Landwirtschaft haben, konnte nur schief gehen. Als ehemaliger (und mäßig erfolgreicher) Gutsbesitzer hat Werner von Kieckebusch das Fiasko vorausgesehen.


„Das ist das Tagebuch von meinem Urgroßvater voller Schrecken, Trauer und Hunger – aber beim Lesen habe ich trotz allem auch gelacht.“ (Christiane Bremer, Urenkelin von Werner von Kieckebusch, im Vorwort)

Fazit:

Schnörkellos, aber mit einem Anflug von schwarzem Humor, erzählt Werner von Kieckebusch, in seinem Augenzeugenbericht, die Zeit zwischen zwei Diktaturen. Gerne gebe ich diesem wichtigen Zeugnis der Vergangenheit 5 Sterne und eine unbedingte Leseempfehlung.

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Interessante Einblicke und Informationen über die Nachkriegszeit in Potsdam. Für die Nachkriegsgeneration ein wertvoller Einstieg in die Gefühlswelt unserer Elterngeneration.

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Die Tagebücher von Werner von Kieckebusch blieben durch glückliche Umstände erhalten und wurden hier in dem Buch „Ich trau dem Frieden nicht“ sehr gelungen wiedergegeben. Die Niederschrift umfasst den Zeitraum von April 1945 bis Silvester 1946 und ist somit ein bewegendes Dokument der Zeitgeschichte. Dieses Buch liest sich durch die nüchtern gehaltenen Einträge sehr authentisch und berührt mich damit sehr. Vor allem der Wechsel zwischen den emotionslos vorgetragenen Schilderungen der täglichen Grausamkeit und simplem Betrachtungen des weitergehenden, von allem unberührten, Lebens wie beispielsweise in der Natur macht mich sehr betroffen. Sicher ist es eine Art Überlebensstrategie, das Grauen nicht so an sich heranzulassen, oder man ist vielleicht auch bereits abgestumpft. Aber gerade dies macht es so realistisch, da die Eindrücke ungeschönt wiedergegeben werden.
Niemand sollte je vergessen, was geschehen ist - und dieses Buch leistet damit einen wertvollen Beitrag! Ich empfehle dieses Buch uneingeschränkt weiter!

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Überleben in der "Mausefalle" oder "Nicht jammern - machen!"

Beinahe hätte ich das Buch wieder zur Seite gelegt, denn das Vorwort hatte mir überhaupt nicht gefallen. Mehrere Seiten lang, unstrukturiert und von Fakten überfrachtet, machte es eigentlich keine Lust auf mehr. Aber ich überwand mich, die Neugierde siegte.
Werner von Kieckebusch lebte seit 1933 im Jägerviertel in Potsdam, nannte seine kleine Sackgasse die „Mausefalle“. Sein Umgang waren die Adligen in Potsdam, zu mehreren hatte er gute und freundschaftliche Beziehungen geknüpft. In zweiter Ehe mit Annelie verheiratet, hatte er mit ihr zwei Söhne großgezogen, aus erster Ehe war seine Tochter Erika.
Werner von Kieckebusch begann die hier im Buch veröffentlichten Tagebücher kurz vor Kriegsende mit der Absicht, alles, was er erlebte und sah für seinen Sohn Burkhard zu notieren. Sein erster Sohn Hubertus fiel mit gerade 18 Jahren in Russland schon im Jahr 1942, die tiefe Trauer darüber durchzieht das Buch wie ein zweiter Roter Faden. Der erste und wichtigste Rote Faden jedoch ist die Sorge um Burkhard, der kurz vor Kriegsende eingezogen wurde und von dem es seit dem 15. April nun kein Lebenszeichen mehr gibt.
Minutiös schildert Kieckebusch ab dem 24. April 1945 das Leben, seinen Überlebenskampf, in Potsdam. Am 25.4. früh morgens beginnt das zweite große Bombardement der Stadt, nur weniges bleibt ungeschoren in der Innenstadt. Erst jetzt, 75 Jahre später sieht die Stadt wieder schön aus, das Schloss wiedererbaut und als Landtag genutzt oder das Museum Barbarini, es entstand an Stelle des ehemaligen Palais Barbarini, das 1945 in Flammen aufging und das nun im ganz neuen Glanz erstrahlt. Es gäbe noch vieles über das wiedererstandene Potsdam zu berichten, mit Blick auf die Tagebücher Kieckebuschs erhielt es für mich einen vollkommen neuen Zusammenhang.
Nach der Kapitulation beginnt Kieckebusch, die Besetzung der Stadt durch die Rote Armee zu beobachten. Mit Schrecken erkennen er und seine Frau, dass die Barbaren den Naziherrschaft abgelöst werden durch Vandalen der Sowjetherrschaft. Kieckebusch selbst war in Nazideutschland kein Widerständler, er war („notgedrungen“) Mitglied der NSDAP geworden, seine Söhne kämpften fürs Vaterland und er lebte ein Leben wie Tausende andere auch. Nun fiel ihm seine Parteimitgliedschaft auf die Füße, „Pgs“ wie die Parteigenossen genannt wurden, hatten plötzlich einen schlechten Stand. Im Laufe der Zeit bemüht er sich um eine Entnazifizierung, irgendwann verläuft das im Sande und er wird als „gereinigt“ angesehen.
Noch niemals zuvor las ich so eindrückliche Beschreibungen der Nachkriegszeit, vom Kampf um Brot oder Heizmaterial, von Selbstmorden und verhungerten Menschen. Kieckebusch, von Beruf Genealoge und fast 60 Jahre alt, muss in einer Gärtnerei schuften, seine Frau arbeitet im Gesundheitswesen. Beide versuchen sich mit allen Mitteln, auch illegalem Tauschhandel auf dem Schwarzmarkt, über Wasser zu halten. Sie müssen feststellen, dass ihnen alles geraubt wurde, was sie in Sicherheit wähnten, die Tresore der Banken fallen den Russen ebenso in die Hände wie Uhren und Schmuck oder Briefmarkensammlungen. Am Ende bleibt beiden fast nichts, trotzdem sind sie privilegiert, haben immer noch ein Dach über dem Kopf, bekommen später von der Familie der Tochter und von seinem Bruder aus der Westzone Pakete mit Lebensmitteln. Kieckebusch ist sich nicht zu schade, umständlichste Wege in Kauf zu nehmen, um in Berlin Lebensmittel zu tauschen oder zu kaufen. Er fährt auch in seine alte Heimat nach Altgaul (heute Märkisch-Oderland), wo er noch gute Freunde hat, die ihm Kartoffeln und Gemüse mitgeben. Man fiebert direkt mit ihm mit, ob er durch die Kontrollen kommt und alles nach Hause bringt.
Das Zuhause ist unterdessen sehr geschrumpft, Einquartierungen von Flüchtlingen und Ausgebombten sind ebenso an der Tagesordnung wie die von sowjetischen Offizieren. Kieckebuschs machen hier die unterschiedlichsten Erfahrungen, von netten Leuten bis zu zänkischen Weibern und besoffenen Offizieren ist alles vertreten. Zu Alexander, einem einquartierten Major, entsteht sogar eine kleine Freundschaft.
Aber nicht nur Lebensumstände werden geschildert, auch die politische Entwicklung betrachtet Kieckebusch mit kritischem Blick. Was sich abspielte in der SBZ ist ungeheuerlich, rückblickend auf die Jahre 1933 bis 1945 lässt es Kieckebusch fassungslos sein, dass eine neue, nun rote Diktatur entsteht, die in ihren Methoden ähnlich agiert wie die Hitlerdiktatur. Propaganda, Wahlvorbereitungen, Zeitungsartikel, die Meinung der Mitmenschen – alles notiert Kieckebusch akribisch. Sein Burkhard soll wissen, was ihm „entgangen“ ist in der vermutlichen Kriegsgefangenschaft. Dass auch dieser Sohn nie wieder nach Hause kommt, ist die große Tragik dieser Tagebücher. Nur der Leser weiß es vom ersten Eintrag an.
Diese Tagebücher haben mich bis zum letzten Eintrag am 31.12.1946 so sehr gefesselt, wie selten ein Buch. Wir haben gerade den Lockdown der Corona-Krise überstanden und in den Medien wurden so viele Betroffene zitiert, die von schrecklichen Bedingungen, unmenschlichem Eingesperrtsein, eingeschränkter Freiheit, fehlendem Demonstrationsrecht, nicht zuletzt vom Mangel an Toilettenpapier klagten, dass einem dann beim Lesen dieses Tagebuchs das Lachen und das Weinen im Halse stecken blieben. Wer dieses Tagebuch verinnerlicht, wird sich eingestehen müssen, dass der Luxus unserer Tage zu oft als selbstverständlich angesehen wird.
Kieckebusch hat zwar kein literarisches Meisterwerk geschrieben, aber er hat eine gehörige Portion Witz und Ironie eingebracht, auch dazu gehörte unter den von ihm beschriebenen Umständen eine gehörige Portion Lebensmut und Überlebenswille.
Nachdem ich das Tagebuch zu Ende gelesen hatte, widmete ich dem Vorwort doch noch einmal meine Aufmerksamkeit. Nach dem Tagebuchlesen fand ich es interessanter als zuvor. Wenn Jörg Bremer sich die Mühe machen würde, es zu überarbeiten, zu strukturieren, einige Zwischenüberschriften zur besseren Lesbarkeit einzubauen, wäre das für eine zweite Auflage ein Gewinn. Da Kieckebusch Genealoge war, würde als Ergänzung ein kleiner Stammbaum der Familie für die Leser sehr hilfreich und auch passend sein.
Am Ende des Buches fanden sich noch einige Fotos, auch die beiden Söhne werden gezeigt. Wenn man diese jungen, vom Leben noch nicht gezeichneten Gesichter sieht, kann man ein wenig von dem Schmerz und Verlust erahnen, den Kieckebusch und Millionen anderer Eltern durch den Krieg erlitten.
Ich empfehle dieses Buch von ganzem Herzen.
#IchtrauedemFriedennicht#NetGalleyDE

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