Die Unschärfe der Welt

Roman

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Erscheinungstermin 24.08.2020 | Archivierungsdatum 01.10.2020

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Zum Inhalt

»Eine Autorin mit einem traumsicheren Sprachgefühl« Denis Scheck »So schön hat noch niemand Geschichte zum Schweben gebracht.« Stefan Kister, Stuttgarter Zeitung Iris Wolff erzählt die bewegte Geschichte einer Familie aus dem Banat, deren Bande so eng geknüpft sind, dass sie selbst über Grenzen hinweg nicht zerreißen. Ein Roman über Menschen aus vier Generationen, der auf berückend poetische Weise Verlust und Neuanfang miteinander in Beziehung setzt. Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Tür geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätte Samuel seinem besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden, wenn er das Ausmaß seiner Entscheidung überblickt hätte? In »Die Unschärfe der Welt« verbinden sich die Lebenswege von sieben Personen, sieben Wahlverwandten, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlichen Distanzen unaufhörlich aufeinander zubewegen. So entsteht vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein großer Roman über Freundschaft und das, was wir bereit sind, für das Glück eines anderen aufzugeben. Kunstvoll und höchst präzise lotet Iris Wolff die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache und Erinnerung aus – und von jenen Bildern, die sich andere von uns machen.  - Ernst-Habermann-Preis 2014 - Literaturpreis ALPHA 2018 - Otto-Stoessl-Preis 2018 - Thaddäus-Troll-Preis 2019 - Alfred-Döblin-Preis 2019 (Shortlist) - Marieluise-Fleißer-Preis 2019 »Iris Wolff erzählt aus einer tiefen Ruhe heraus. Sie weitet dadurch die Zeit. Für ein Jahrhundert und etliche Menschenleben braucht sie nicht einmal zweihundert Seiten. Und nichts fehlt.« Carsten Hueck, SWR2

»Eine Autorin mit einem traumsicheren Sprachgefühl« Denis Scheck »So schön hat noch niemand Geschichte zum Schweben gebracht.« Stefan Kister, Stuttgarter Zeitung Iris Wolff erzählt die bewegte...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608983265
PREIS 20,00 € (EUR)
SEITEN 216

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Iris Wolf schreibt mit sehr viel Einfühlungsvermögen die Geschichte einer Familie in Ihrerer Entwicklung von den 20er Jahren bis in die Moderne der heutigen Zeit.
Dabei erzählt Sie von Freude als auch Schicksal und Leid. Mich hat die Geschichte sehr bewegt mal musste ich lachen aber auch kleine Tränen blieben nicht aus. Mir hat sehr gut gefallen das jedes Familienmitgied seine eigene Geschichte bekommt, als Leser bekommt man so den Eindruck jedes Familienmitglied persönlich kennen zu lernen.
Beim lesen der sieben Geschichten fühlte ich mich manchmal in einer Fantasiewelt, es gab aber auch deutliche Bilder die einem einen Einblick in die Vergangenheit gaben. Auch die Gegenwart war immer bildlich präsent. Die Zukunft musste ich zwischen den Zeilen suchen aber dort war sie zu finden.

Für mich ist dieses Buch eins meiner Lesehighlights 2020 und als Urlaubslektüre sehr zu empfehlen

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In „Die Unschärfe der Welt“ erzählt die Autorin auf eine ungewöhnliche Art und Weise die Geschichte einer Familie und wie es im Klappentext heisst „Wahlverwandten“ aus dem Banat. In sieben Geschichten über vier Generationen hinweg wandelt sie mit dem Leser auf deren Spuren. Kaum hat man begonnen zu lesen, fällt einem ihre außergewöhnliche Sprache auf – sie ist poetisch, bildhaft und punktgenau. Jede Geschichte beginnt mit einer Momentaufnahme. So detailgetreu und gestochen scharf geschrieben, dass man nicht nur Bilder vor Augen hat, sondern das Gefühl hat, mitten im Geschehnis zu stehen.

Es war ein besonderes Erlebnis dieses Buch zu lesen. Nein, eigentlich war es eher ein Miterleben.

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Iris Wolff hat mit diesem kleinen Buch ein Meisterwerk erschaffen. Diese 216 Seiten beschreiben in 7 Abschnitten
die Geschichte einer Familie aus dem Banat über mehrere Generationen. Auch Freundschaft spielt eine große Rolle. Die Sprache, in der Iris Wolff diese Geschichte erzählt, ist poetisch und fließt ganz ruhig dahin. Das macht den Inhalt noch intensiver. Ich denke, dieses Buch ist für mich das Leseerlebnis des Jahres!!! Unbedingt empfehlenswert und 5 Sterne!!

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Der Pfarrer Hannes und seine Frau Florentine leben in einem Dorf im Banat. Florentine ist in der Stadt aufgewachsen, hat keine Party ausgelassen, aber sie hat diesem Experiment zugestimmt und sich bald ans Landleben gewöhnt. Sie freundet sich mit Nika an, die zwar einen Mann und drei Kinder hat, aber ihre Zeit auch liebend gerne mit Florentine, Kaffee und Sauerkirschlikör verbringt – bis sie an einer versuchten Abtreibung stirbt.

Zu den anderen Dorfbewohnern findet Florentine kaum einen Draht. Denn sie spricht nicht gerne. „Ihr Schweigen musste wirken, als hielte sie sich für etwas Besseres. Florentine spürte Worten gegenüber ein nie ganz aufzulösendes Unbehagen. Die Unschärfe der Aussagen verunsicherte sie. Wie sehr sie sich auch bemühte: Sprechen reichte nicht an die Wirklichkeit der Erfahrungen heran.“ (Kapitel 1, Zăpadă).
Auch ihr Sohn Samuel spricht spät und nicht viel. Sie vermutet, dass sie daran schuld ist. Hannes fällt es schwer, einen Zugang zu Samuel zu finden. Auch die Stellung im Banat ist nicht gerade das, was er sich gewünscht hat.

Dennoch führen Hannes und Florentine ein offenes Haus. Immer wieder haben sie Gäste, die auf der Durchreise eine Unterkunft bei ihnen finden. Eines Tages kommen Bene und Lothar bei ihnen unter. Sie stammen aus der DDR und sind auf dem Weg ans Schwarze Meer. Aus dem kurzen Zwischenstopp werden drei Wochen und eine Verbindung, die später noch eine Rolle spielen wird.

Karline, Hannes‘ Mutter, sehnt sich manchmal nach früher. Nach der Zeit, als ihre Familie noch wohlhabend war und der König ihr einmal die Hand gegeben hat. Nun lebt sie im Sozialismus und kann nur noch davon träumen oder ihrem Enkel Samuel Geschichten darüber erzählen.

Stana, Samuels Freundin, hat Probleme mit ihrem Vater, dem parteitreuen Konstanty, der Verhöre mit (vermeintlichen) Systemgegnern führt und dafür die eine oder andere Vergünstigung kassiert. Und Oz, Samuels bester Freund, hält es in der Unfreiheit der rumänischen Diktatur nicht mehr aus.

Florentine, Hannes, Karline, Stana, Oz, Bene und Livia (Samuels Tochter) – diesen sieben Menschen widmet Iris Wolff in ihrem Buch „Die Unschärfe der Welt“ jeweils ein Kapitel. Dabei kreist die Handlung häufig um Samuel, er wird zum Kristallisationspunkt, auf den sich alle – mehr oder weniger – beziehen. Jede einzelne dieser lebendigen, vielschichtigen Figuren ist mir ans Herz gewachsen, die Autorin schafft es, dass ich ihre Hoffnungen und Gefühle teile.
Iris Wolff spannt (inklusive der Rückblenden) einen Bogen über weite Teile des 20. Jahrhunderts und bringt den Leserinnen und Lesern mit dem Banat eine Gegend nahe, die wahrscheinlich nur wenigen Menschen vertraut ist.

Der vielfach ausgezeichneten Autorin gelingt es auf hervorragende Weise, eine spannende und konkrete (Familien-)Geschichte zu erzählen und gleichzeitig allgemeingültige Themen wie Kommunikation, Freundschaft, Verlust und Zugehörigkeit zu reflektieren. Sie geht auf die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse ein, setzt sie aber kunstvoll in Bezug zu den handelnden Personen. Dabei schreibt sie kein Wort zu viel und keins zu wenig. Sie findet poetische Bilder und Wendungen, wie ich sie so noch nicht gelesen habe, die leicht zu erfassen sind, aber viel Stoff zum Nachdenken in sich tragen.

„Wenn die Traurigkeit in der Brust wohnt, dann steckt die Lustigkeit in den Zehen. Alles hat im Körper einen festen Platz, dachte Stana, und arbeitete an der Vervollständigung dieser Landkarte.“ (Kapitel 4, Windwanderer)

Wer – wie ich – bei solchen Formulierungen nicht mehr aufhören kann zu lesen, wer intelligente Unterhaltung und einen neuen, ungewöhnlichen Blick auf die Welt und die Protagonisten schätzt, dem kann ich „Die Unschärfe der Welt“ nur wärmstens empfehlen.

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Ein sehr schön geschriebener Reigen, der die Geschichte einer Familie in Rumänien erzählt. Mit einer besonderen sprachlichen Dichte versteht es die Autorin, den Leser tief in den Bann der verschiedenen Figuren und ihren Herausforderungen zu ziehen. Einige Stellen sind so weise und schön geschrieben, dass sie zitatwürdig sind. Ich wünsche dem Buch sehr viel Erfolg und viele weitere begeisterte Leser.

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#DieUnschärfederWelt beginnt mit der Beschreibung eines Familienlebens. Florentine und Hannes leben in Arad, das liegt in Rumänien. Florentine ist schwanger und schon bald wird der kleine Samuel geboren. Hannes ist Pastor und sein Haushalt gastfreundlich. Immer wieder kommen Menschen aus der DDR zu den beiden und übernachten hier. Nie wird jemand abgewiesen, bis, ja bis…. Auch in diesem Buch gibt es Denunzianten, die sich am Leid von Nachbarn und/oder „Freunden“ ergötzten. Sie versprachen sich wohl Vorteile durch einen Verrat.

Flucht und das Hoffen auf ein besseres sprich leichteres Leben ist für die spätere Generation selbstverständlich. Florentine und Hans sind zu fest verwurzelt in Arad. Vielleicht ist ihre Angst vor Entdeckung ja auch zu groß. Klar ist auch, dass selbst nach dem Umbruch das Leben keineswegs so war, wie sie es sich vorstellten.

Das Buch strahlt, ja so habe ich es empfunden. Diese wunderschöne Sprache faszinierte mich. Immer wieder las ich Passagen sofort zum zweiten Mal um sie noch ein wenig länger genießen zu können. Die Handlung war allerdings schwer nachzuvollziehen. Für mich gab es zu viele Sprünge. Das gilt für Zeiten, aber auch für Orte und Menschen. Mal geht es um die Eltern von Hannes, dann um den erwachsenen Samuel und dann wieder um Florentine, wie sie den Verlust der Freundin beklagt. Die Phantasie des Lesers ist gefragt, wenn die Autorin nur Bruchstücke der Begebenheiten beschreibt. Das darf also niemanden stören, der dieses außergewöhnliches Werk lesen möchte. #NetGalleyDE

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Eine Großfamilie im Banat über mehrere Generationen spielt die Hauptrolle in diesem Roman! Geschickt sind deren Geschichten mit Geschichten von ‚Wahlverwandten‘ verknüpft. Wie bei einer filigranen Klöppel-Handarbeit werden Fäden dazwischen liegengelassen, später wieder aufgenommen und der Leser staunt immer wieder über die faszinierenden Zusammenhänge!

Geschildert wird auch die politische Situation zu Zeiten von Nicolae Ceausescu mit der Geheimpolizei ‚Securitate‘ und dem ausgeprägten Personenkult: ‚Angeblich ging es um eine sichere Zukunft. Um Gerechtigkeit. Dieses System lebte davon, dass jeder schuldig war. Es gab nur ein Dafür oder Dagegen.‘ Und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs geht die Geschichte weiter!

Äußerst amüsant und voller Weisheit fand ich Benes Schilderungen über seine Arbeit in der Buchhandlung: Von ‚Welchen Wert hatten Buchläden sonst, als dass man persönliche Empfehlungen erhielt‘ bis zu seiner Meinung: ‚Geliehene Bücher zu lesen war wie Sex mit angelassenen Klamotten.‘

Überhaupt diese Sprache: kraftvoll, voller Intensität, lösten viele Szenen bei mir Gänsehaut aus! Kein Wunder, dass die Autorin schon etliche Preise bekam! Leider kann ich diesem Buch nur fünf von fünf Sternen geben - bei meiner Begeisterung hätte es viel mehr verdient! Ich möchte dieses Meisterwerk der Sprache am liebsten allen ans Herz drücken, die ein Faible für treffende Formulierungen haben, die zu schätzen wissen, wenn etwas wunderschön ausgedrückt wurde!

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Florentine und Hannes leben Anfang der 70er des vorigen Jahrhunderts in einem klassischen, von einer Mauer umgebenen Pfarrhof im Banat/Rumänien. Ein riesiger Garten versorgte in Anwesen wie diesem traditionell große Familien samt Gesinde. Mauern schützten die Menschen vor Fremden, ihre Nutztiere vor Beutegreifern. Hier sind die Winter kälter, die Stürme schneidender als anderswo. Als die junge Pfarrersfrau mitten im Winter ins Krankenhaus gebracht werden muss, erlebt sie die Reise in die Stadt Arad mit Pferdegespann, Bahn und Taxi als Odyssee. Florentines Krankenzimmer wird zum Symbol eines Vielvölkerstaates, dem Frauen möglichst viele Kinder gebären sollen, und der sie als Schwangere und Mütter entwürdigend behandelt. Das Drama ungeplanter Schwangerschaften unter dem Ceausescu-Regine entfaltet sich hier um Nika, die bei einer illegalen Abtreibung stirbt.

Untrennbar von den miteinander verknüpften Schicksalen mehrerer Paare aus drei Generationen, laufen Herkunft und Nationalität der Figuren wie ein Synchrontext immer mit. Ob jemand aus Siebenbürgen stammt, als Zigeuner bezeichnet wird, ob Ungarisch, Slowakisch oder Hochdeutsch gesprochen wird, bleibt selten unerwähnt. Eine besondere Rolle spielt daher Florentines und Hannes Sohn Samuel, dessen Sprachentwicklung mit Argusaugen beobachtet wird. In eine beinahe archaische Lebensweise dringen Bendedikt und Lothar ein, Besucher aus der DDR, die sich in dem arbeitsreichen Haushalt wohl zu fühlen scheinen und die selbstverständliche Gastfreundschaft des Pfarrhauses ungewöhnlich lange ausnutzen. Hannes wird wegen seiner Besucher prompt zur Polizei vorgeladen – und ihm ist klar, wer ihn denunziert hat. Für Florentine wird der gastfreundliche Haushalt inzwischen immer mehr zur Last. Das Ausmaß sozialer Kontrolle auf dem Dorf war ihr vermutlich vorher so wenig bewusst, wie der Rollenwechsel, den Hannes im Talar vollziehen würde. Ob das junge Paar aus der Stadt hier sesshaft werden kann, scheint zu Beginn des Romans zweifelhaft.

Der von Mauern geschützte Pfarrhof, der seine Bewohner nicht vor einer Diktatur und ihren Spitzeln schützen kann, wirkt in Iris Wolffs Episodenroman besonders eindringlich. Kriege und Regimes kommen und gehen. Auch wenn seine Bewohner flüchten, wird der Hof sie alle überdauern, wenn nur jemand das Dach repariert. In ein Netz von Familie und Freundschaft knüpft die preisgekrönte Autorin brennend aktuelle Konflikte um, Migration, Flucht und Vielvölkerstaaten. Ein zeitloser, sprachlich herausragender Roman, der auch verdeutlicht, wie Migration uns prägt …

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SENSIBLE FAMILIENGESCHICHTE, SPRACHLICH BRILLANT UMGESETZT

Dieser Roman handelt von einer Familie im Banat, die wir über vier Generationen begleiten. Sie beginnt mittelbar noch zur Zeit der Monarchie und endet nach der rumänischen Revolution von 1989. Der Roman ist in sieben Teile eingeteilt, in jedem steht eine Figur im Mittelpunkt. Das Geschehen wird aber immer durch Rückblicke und Erinnerungen ergänzt, so dass die Verbindungen der Figuren untereinander zu jeder Zeit klar sind, obwohl die einzelnen Teile auf unterschiedlichen Zeitebenen spielen. Am Ende erschließt sich das große Ganze ohne Anstrengung.

Es geht um Verlust und Neuanfang, um die Bedeutung der eigentlichen Familie und die von Wahlfreundschaften. Wie viel ist man bereit, für einen guten Freund zu tun? Welche Konsequenzen auf mein eigenes Leben nehme ich dafür in Kauf? Kann ich mich auf die Familie bedingungslos verlassen? Es geht auch um die Suche nach der eigenen Identität und dem richtigen Platz im Leben. Es geht um Zufälle und Bestimmungen, um die Verlässlichkeit von Erinnerungen und natürlich auch um Liebe.

Florentine ist in der Stadt aufgewachsen. Sie hat den deutschstämmigen Pfarrer Hannes geheiratet und mit ihm zieht sie aufs Land nach Zapada in den Banat. Dramatisch beginnt der Roman mit der Geburt des einzigen Sohnes Samuel, die uns in die rückständige Welt dieser Zeit wirft: Kutschen als Fortbewegungsmittel, überfüllte Krankenzimmer, fragwürdige Behandlungsmethoden. Florentine passt sich an das Landleben an. Sie ist jedoch gedankenverloren und schweigsam, hat eine Liebe zu Büchern und zur Poesie, was sie zur Außenseiterin macht:
„Ihr Schweigen musste wirken, als hielte sie sich für etwas Besseres. Florentine spürte Worten gegenüber ein nie ganz aufzulösendes Unbehagen. Die Unschärfe der Aussagen verunsicherte sie. Wie sehr sie sich auch bemühte: Sprechen reichte nicht an die Wirklichkeit von Erfahrungen heran.“ (Ebook S. 19)

Es wundert niemanden, dass Samuel auch mit 2,5 Jahren noch nicht sprechen kann, spielt seine Mutter doch lieber „Spiele der Stille“ mit ihm. Florentine kümmert sich um die Familie ihrer besten Freundin Nike, die tragisch ums Leben kam. Ins Pfarrhaus kommen regelmäßig Gäste. Die deutschen Junglehrer Benedikt und Lothar integrieren sich wunderbar, auch wenn sie ein Geheimnis zu umgeben scheint.
Ein wiederkehrendes, aussagekräftiges Motiv ist die Zeit: „Es gab eine Zeit, die vorwärts eilte, und eine Zeit, die rückwärts lief. Eine Zeit, die im Kreis ging, und eine, die sich nicht bewegte, nie mehr war als ein einzelner Augenblick.“ (Ebook S. 33)

Ruth und Severin gehören zur Pfarrgemeinde. Sie haben ihren 16-jährigen Sohn Echo verloren, was sie in tiefe, ungläubige Trauer stürzt und die Zeit für sie heute rückwärts laufen lässt. Echo war der beste Freund Samuels, eine „träumende“ Kuh spendet ihm Trost – ein wunderbares Bild.

Hannes Mutter Karline träumt noch von der Monarchie. Sie stammt aus einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie und sehnt sich in bessere Zeiten zurück. Immer wieder wird sie von Erinnerungen gestreift: „Die Erinnerung ist ein Raum mit wandernden Türen. Manchmal trifft dich der Schatten eines Berges, manchmal ein Wort. Du gehst einen Hügel hinauf, trägst einen Korb Äpfel, wäschst das Haar, und mit einem Mal öffnet sich eine Tür. Eines Morgens dann willst du nicht mehr aufstehen, hast zu nichts mehr Lust. Weil eine Erinnerung reicht.“ (Ebook S. 52)

Es gibt natürlich auch Widersacher in dieser dörflichen Welt: Konstanty, ein überzeugter Kommunist und Anhänger Ceausescus, ist die liberale Grundgesinnung mancher Dorfbewohner und der Pfarrersfamilie ein Dorn im Auge. Er verfügt über Seilschaften und fordert „Kooperation“ ein – mit weit reichenden Folgen, die schließlich einen dramatischen Fluchtversuch notwendig machen sowie Einfluss auf das Leben anderer nehmen… - Mehr möchte ich an dieser Stelle vom Inhalt nicht preisgeben.

Die einzelnen Charaktere und ihre Schicksale werden unpathetisch und glaubwürdig miteinander verbunden, man bekommt ein Bild von den Umständen der jeweiligen Generation und den Herausforderungen, vor die sie sich gestellt sehen. Die leise, einfühlsame und poetische Sprache, die ich als absolut herausragend empfunden habe, führt den Leser in dieses beschauliche Leben im ehemaligen Ostblock hinein. Es entstehen intensive Bilder im Kopf. Zahlreiche Motive (z.B.: Zeit, Sprache, Wind, Licht, Erinnerung) durchziehen den Roman, viele Sätze muss man genießen und auf der Zunge zergehen lassen, soviel Weisheit und Wahrheit steckt darin.

Ich bin absolut begeistert von der Sprachvirtuosität der Autorin, die es vermag, nicht nur schöne Worte zu finden, sondern gleichzeitig eine spannende und berührende Familiengeschichte zu erzählen. Das sollte sie für viele Leserschichten attraktiv machen und ich wünsche diesem Buch ganz viele Leser/Innen.

Dieser Roman ist bislang mein Jahreshighlight 2020. Die wunderschön aufgemachte Hardcover-Ausgabe wird einen Ehrenplatz in meinem Regal erhalten. Große Leseempfehlung!

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Iris Wolff erzählt in ihrem neuen Buch eine Familiengeschichte einer Familie aus dem Banat, Rumänien. Der Roman beginnt in einer stürmischen Winternacht und bereits hier ist der Leser völlig gefesselt von den intensiven Beschreibungen der schwangeren Pfarrersgattin. Die beiden bekommen ihren Sohn Samuel und sind herzensgute Menschen, die ihre Türen allen öffnen. Es kommen Gäste aus der DDR und schon da verstricken sich die Personen in Regimefreunde und Regimegegner. Es wird kapitelweise immer aus der Perspektive einer anderen Personen erzählt und man muss gut überlegen wer jetzt auf welche Art und Weise eine Verbindung zu bereits bekannten Personen hat. Besonders intensiv sind die Schilderungen des ‚Drachens’ weswegen Samuel und Oz aus Rumänien auf spektakuläre Weise fliehen und Samuel erst Jahre später, nach dem Tod des Diktators Ceaucescu, wieder nach Hause zurückkehrt.
Ich möchte nicht zu viel über den Inhalt verraten, was ich aber besonders hervorheben möchte ist die Sprache dieses Romans. Sie ist so unglaublich intensiv dass ich mich völlig in den Roman hineingelesen und hineingefühlt habe.

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Leben unter rumänischer Diktatur.
Iris Wolff datiert ihre Geschichte nicht, nur anhand von Eckdaten kann man sie zeitlich einordnen, die Beatles sind gerade modern. Wir sind also in den 1960igern und werden in eine Geschichte versetzt, die sich über Generationen hinweg bis in die Neuzeit, einige Zeit bis nach dem Berliner Mauerfall spannt. Zu Anfang sind wir in Rumänien und Rumänien ist noch eine Diktatur unter Ceauşescu.

Im Banat sind die Deutschstämmigen ansässig. Hannes ist dort evangelischer Pfarrer, Hirte seiner Gemeinde, verheiratet mit der eigenwilligen Florentine und Vater eines nicht minder eigenwilligen Sohnes, bespitzelt vom Mann seiner Schwägerin und verhört von der Securitate, nicht zuletzt wegen des Westbesuchs, der sich im Pfarrhaus tummelt. Man hat wenige Freiheiten, aber dennoch lebt man in den Dörfern des Banates ein relativ gutes Leben. Man hält zusammen und man hat einen Garten!

Iris Wolff erzählt ihre Geschichte virtuos. Sie beschenkt ihre Figuren mit liebenswürdigen Besonderheiten, so dass sie trotz der Kürze ihres literarischen Daseins einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie reißt jedoch oft etwas an, was sie dann nicht ausführt. Zum Beispiel wird von Florentine gesagt. „Es gelang ihr selten, was sie dachte und was sie sagte, in jene Übereinstimmung zu bringen, die für andere so selbstverständlich war.“ Aber diese Eigenheiten bleiben im Raum stehen, die Autorin arbeitet nicht damit. Wie auch, sie ist damit beschäftigt, in den wenigen ihr zur Verfügung stehenden Seiten, das Leben in der Diktatur, eine Flucht, mancherlei menschliche Verwicklungen und Stories von vier Generationen unter einen Hut zu bringen.

Die Sprache, die Iris Wolff führt, ist schön. Lyrisch, poetisch und nur selten ist ein Bild verfehlt. Ihre Figuren sind in aller Schlichtheit schöner und lebendiger als viele Protagonisten, die in dicken Wälzern hausen. Je ein besonderes Ereignis oder Lebenselement muss ihren Figuren ausreichen, um am Lid des Lesers kleben zu bleiben. Das schafft Iris Wolff, die sich als versierte Autorin erweist, spielend. Man kann verstehen, warum diese Autorin manchen Literaturpreis gewonnen hat.

DENNOCH: Wenn Iris Wolff einem ihrer Protagonisten die Worte in den Mund legt, „Erst das Ende offenbart, ob der Anfang gelungen ist“, dann ist das ein Eigentor, denn für meinen Geschmack zieht die Autorin ihre Story zu weit aus, bis in die vierte Generation hinein und das auf knapp mehr als 200 Seiten. Notgedrungen kommen dabei sowohl Figuren als auch Inhalt etwas zu kurz. Die Raffung ist meistens gut gelungen, doch die Hinzufügung der vierten Generation hat dem Buch den Hals gebrochen: was zu viel ist, ist zu viel. Viel lieber hätte man noch ein wenig mehr von den Figuren der vorigen Generationen erfahren.

DIE KRITIK: Der Roman „Die Unschärfe der Welt“ ist eine sehr schön geschriebene Familiengeschichte vom Leben unter rumänischer Diktatur. Doch ist sie atmosphärisch viel zu schön, um dem Schrecken dieser Diktatur auch nur annähernd gerecht zu werden, obwohl auch unschöne Ereignisse berichtet werden. Allerdings sind diese melancholisch verklärt. Ich war traurig, aber nie entsetzt.

Durch die die zeitliche Raffung kommen die Figuren zu kurz. Was mir in „Bagage“ von Monika Helfer gut gefallen hat, kann ich bei „Die Unschärfe der Welt“ nicht in derselben Weise honorieren. Mir fehlt die Vertiefung der Figuren. Was nicht heißt, dass die Figuren oberflächlich wären, gar nicht, aber man gewinnt Interesse für sie und dieses Interesse bleibt literarisch liegen.

Fazit: Trotz einiger Einwände meinerseits ist „Die Unschärfe der Welt“ ein schönes Buch, direkt ein Wohlfühlbuch. Doch gerade dieses Plus ist auch das Minus des Romans. Denn ein Wohlfühlbuch, wenn auch ein melancholisches Wohlfühlbuch, passt meiner Meinung nach überhaupt nicht zum Thema des Buchs.

Kategorie: Belletristik: 3 Punkte
Gute Unterhaltung. 5 Punkte

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Welch schöner Roman - schade, dass er nun zu Ende ist. In diesem Familienroman bestehend aus sieben Kapiteln wird jedem Familienmitglied ein eigenes Kapitel gewidmet, wobei sich im letzten Kapitel das erste Kapitel erklärt und sich der Kreis schließt. Lässt man sich erst einmal auf das Lesetempo ein, möchte man kein einziges Wort verpassen. Selten findet man so schöne Sätze wie „Die Wiese war septemberwarm, die Bäume lagen im Dunkel, nur ein wenig Mondsilber in den Ästen,“ Und von dieser Art gibt es ganz viele! Reiner Lesegenuss!

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In den rumänischen Banat mit seiner deutschsprachigen Minderheit entführt uns die aus Hermannstadt gebürtige, preisgekrönte Autorin und erzählt in schwebend leichter Sprache eine Familien- und Liebesgeschichte über mehrere Generationen.
Das Schicksal der Pfarrersfamilie um Hannes und Florentine erleben wir mit von den 70er Jahren an, als zwei junge Studenten aus der DDR in den Sommermonaten in den verlassenen Landstrich am Fluss Marosch und im Pfarrhaus mitarbeiten. Doch der Bogen des Erzählens spannt sich auch zurück bis zu Hannes Eltern, v.a. zu seiner Mutter Karline, die nach dem Krieg aus ihrem großbürgerlichen Kosmos vertrieben wurde und immer noch die Verehrung der Monarchie in sich trägt. Anhand der Geschichte von Hannes schweigsamen Sohn Samuel, seinem besten Freund Oz und seiner Kindheitsliebe Stana erleben wir die Zeit rund um den Zusammenbruch des kommunistischen Systems. Livia - Hannes Enkeltocher - wächst freier auf, als Zauberin und zugleich als eine Art Wandererin zwischen Deutschland und Rumänien. Auch sie trägt die Liebe zum Banat und zur Familie, die gemeinsame Sehnsucht nach Liebe und Verbundenheit in sich.
Ein beglückender Roman voller Schönheit, Melancholie, Kraft und Poesie.

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LEBENSSPUREN...

Es gibt Romane, die einen in den Bann ziehen und die einen dann angesichts des Versuchs einer Rezension ein wenig verzweifeln lassen. Dies ist solch ein Roman.

Erzählt wird hier in 7 Abschnitten von - ja, und genau da beginnt das Problem. Präsentiert wird hier eine Familiengeschichte über zuletzt vier Generationen. Erzählt wird von dem Leben in einer Diktatur, in dem sich die dargestellten Charaktere nur kleine Freihheiten verschaffen können, die manchmal jedoch einen hohen Preis haben. Erzählt wird von Freundschaft und Liebe, Vertrauen und Verrat, Lebensträumen und Lebenszielen, von Stille und Natur, von einem fast vergessenen Landstrich, vom Zusammenbruch des Ostblocks, von lauten und leisen Revolutionen, und immer wieder vom Versuch, sich selbst und seinen Platz im Leben zu finden. Genauer fassen lässt es sich nicht, und der Titel 'Die Unschärfe der Welt' spiegelt sich dadurch für mich auch im Romangeschehen.


"Es gab Sehnsucht nach etwas, das sich nicht erfüllt hatte, Sehnsucht danach, etwas zu finden, und manchmal auch danach, etwas zu verlieren - und es bleibt immer etwas übrig, das du dir vorwerfen kannst..."


Jeder neue Abschnitt bedingt auch einen Wechsel der Perspektive, so dass im Verlauf 7 Charaktere im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Doch auch wenn es zu Beginn eines Abschnitts zunächst oft so scheint, ist die jeweils dargestellte Episode nicht losgelöst von den vorherigen und nachfolgenden Erzählabschnitten, sondern verzahnt sich mit diesen zu einem Gesamtbild. Auch wenn die vier dargestellten Generationen womöglich eine zu viel waren - die Beschränkung auf drei Generationen hätte die Chance zu mehr Tiefe in der Darstellung der Charaktere geboten - gelingt es der Autorin, die Geschichte des Landes glaubhaft mit der Geschichte ihrer Charaktere zu verknüpfen. Ein melancholisches Bild, durchzogen von kleinen hoffnungsvollen Tupfern im Lebenslauf.


"Für Anfänge musste man sich entscheiden, Enden kamen von alleine, wenn man sich nicht entschieden hatte..."


Der Schreibstil ist es, der mich hier abgesehen von dem Aufbau des Romans am meisten fasziniert hat. Denis Scheck bezeichnet Iris Wolff als "Autorin mit einem traumsicheren Sprachgefühl" - und ja, das bringt es für mich auf den Punkt. An einer Stelle notirerte ich: "Ein Treiben durch Worte, die gestochen scharfe Bilder erzeugen, die Zeit auflösen und einen beim Lesen wie durch Wasser gleiten lassen." Und tatsächlich erzeugte die Lektüre phasenweise ein 'traumhaftes' Empfinden. Dabei zeichnet die Autorin in wenigen Linien ein wahrhaftiges Bild von den Charakteren, obschon diese stets auf Distanz zum Leser bleiben.


"Sie hatte sich gewünscht, frei von Verantwortung zu sein. Aber vielleicht war ein Leben ohne Verpflichtung das Gegenteil von Glück."


Für die Lektüre des Romans habe ich außergewöhnlich lange gebraucht - und ich kann nicht wirklich benennen, weshalb das so war. Es war in jedem Fall ein eindringliches Leseerlebnis, ich habe mir zahlreiche Zitate notiert, und tasächlich verspürte ich am Ende den Wunsch, den Roman bald noch einmal zu lesen. Das geschieht nicht oft.

Iris Wolff hat bereits zahlreiche Preise für ihre Texte erhalten. Der Deutsche Buchpreis steht an, und ich würde ihr wünschen, dass dieser Roman auf der Longlist erscheint. Da dieser Roman bei den bisherigen Rezensenten so gut ankommt, wird er vermutlich nicht den Buchpreis selbst erhalten - in meinen Augen scheinen die Gewinnertitel stets sperrig und/oder verstörend sein zu müssen - aber so würde er einem breiteren Publikum ins Auge fallen.

Von mir gibt es jedenfalls eine uneingeschränkte Leseempfehlung.


© Parden

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Im Lauf der Lektüre des behutsam erzählten, aber auch anregenden Romans lernt man Angehörige, Freunde und Begleiter einer Familie kennen, deren Lebenslinien sich über mehrere Generationen und Jahrzehnte, aber auch geografische und politische Grenzen berühren, kreuzen, verfangen oder verlieren. Jeder ist - bewusst oder unbewusst - eingesponnen in die Geschichten der Familie, der Heimat und des Landes und muss die "Unschärfe der Welt" ertragen, ihr widerstehen, sie zu deuten suchen oder die Chance auf Entzifferung ergreifen.
Die Autorin Iris Wolff erzählt die über vier Generationen aus Begegnungen, Erlebnissen und Ereignissen gewebte Geschichte einer Familie aus dem Banat, die bis in den Osten und Westen Deutschlands vor und nach der Wende führt und damit auch exemplarisch für die wechselvolle Geschichte des 20. Jahrhunderts steht.
Die biografischen Bausteine werden im besten Sinne des Wortes erzählt und verwoben, aus Geschichten entsteht ein fliegender Teppich, mit dem nach und nach hochfliegt, die einzelnen Figuren in die Familie und die Zeit einbetten kann. Vorfälle und Zufälle werden kunstvoll, anschaulich und feinfühlig beschrieben, ohne Urteile zu fällen. Der Leser ist auf sich gestellt und doch nie verloren.

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Banat – unter diesem Begriff für eine historische Region Osteuropas – versteht man heute in erster Linie die Länder Rumänien, Ungarn, Serbien. Es ist eine Gegend, die mich zutiefst fasziniert und in die ich gerne reisen möchte. Und es ist die Heimat der Schriftstellerin Iris Wolff, geboren 1977 in Hermannstadt, Siebenbürgen.

Ein Pfarrerehepaar wird an die westliche Außengrenze Rumäniens versetzt . Der Banat --- war dem jungen Pfarrer Hannes wie eine Strafe vorgekommen, doch einem Ruf widersetzte man sich nicht. Und schließlich arrangiert man sich, findet sich in den Ort, in die neu gegründete Familie.
Iris Wolff beschreibt dieses Dorf-Familienleben , sehr geschickt festgemacht an der Person des Pfarrers Hannes. Schlicht geht es zu auf dem Land, es herrscht Einfachheit bis Mangel.

Ende der 70er Jahre , Reisefreiheit gibt es nicht, aber – ganz nach dem Auftrag Luthers an die Pfarrhöfe, Gastfreiheit zu gewähren, kommt nun häufig Besuch, insbesondere aus der DDR. Das erweckt jedoch schnell den Argwohn von Polizeispitzeln - warum die vielen Besuche, worüber gehen die Gespräche-? "Die vermeintlichen Vergehen anderer wurden mit solcher Hingabe aufgespürt und bestraft …… als wäre alles nur dazu da, von der eigenen Misere und Unzulänglichkeit abzulenken…. Dieses System lebte davon, dass jeder schuldig war."

Das System Ceausescu, das System Securitate und das System Geld für ausreisewillige deutschstämmige Rumänen zu verlangen wird in einem großen Kapitel für mich besonders eindringlich behandelt.

Und eigentlich handelt es sich aus meiner Sicht bei diesem Roman überhaupt um eine sehr gut aufgebaute, sehr gut geschriebene Sammlung von Kapiteln = Erzählungen, gebunden unter dem Titel "Unschärfe der Welt", den ich für mich so interpretiere: Bei Beginn der Lektüre weiß man noch nichts Genaues, kann den gesetzten Fokus noch nicht erfassen, erst nach und nach scharf gestellt, erkennt man, dass man die Geschichte eines Ortes , die Umbrüche einer Familie über Generationen hinweg gelesen hat.

Iris Wolffs wunderbarer Roman wurde soeben für den deutschen Buchpreis 2020 nominiert.
Viele ihrer Romane wurden bereits ausgezeichnet. Ich möchte mit "So tun , als ob es regnet" , erschienen 2017 weiterlesen.

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Nach dem Lesen verschiedener Romane scharre ich oft ungeduldig mit den Füßen. Und schon wieder einmal beginne ich einem Roman von Iris Wolff, entspanne mich, fühle, dass ich angekommen bin. Ja, so soll Literatur sein. Es ist ein Genuss, viele Sätze streiche ich mir an, um sie immer einmal wieder zu lesen.

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Ein sehr gelungenes Familienportraits in einer beeindruckenden Sprachgewalt. Die Schicksale der Figuren sind alle miteinander verknüpft und eng umwoben. Entscheidungen werden. immer wieder hinterfragt und die Konsequenzen daraus gezogen. Auch der geschichtliche Hintergrund ist interessant, denn es spielt zu Zeiten des zusammenbrechenden Ostens. Ich fand das Buch richtig gut und kann es nur empfehlen.

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Einfach gut
Die deutsche Schriftstellerin Iris Wolff ist in Hermannstadt in Siebenbürgen geboren.
Für ihre Werke hat sie schon einige Preise erhalten.
Dort ist auch teilweise der Schauplatz ihres Romans „Die Unschärfe der Welt“.
Sie schreibt bewegend von einer Familie über vier Generationen aus dem Banat.
Mit poetische Stimme führt sie uns durch die Zeiten. Wir erfahren von dem Schicksal mehrerer Personen.
Die politischen Ansichten in Siebenbürgen war gefährlich. Nur weil zwei DDR Bürger sie besuchen, gibt es polizeiliche Befragungen, die nicht ohne Gewalt waren.
Die Kindheit Samuels wird erzählt und seine Flucht mit seinem Freund Oz.

Die Autorin braucht für diese große Geschichte gerade mal gut 200 Seiten. Es ist ein dichtes besonderes Werk.
Ich könnte mir den Roman als Film vorstellen.

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In „Die Unschärfe der Welt“ erzählt Iris Wolff die Geschichte einer Familie aus dem rumänischen Banat. Dreh- und Angelpunkt ist Samuel, der aber nie selbst zu Wort kommt. Stattdessen lernen wir ihn aus der Perspektive seiner Eltern, der Großutter und Freunden kennen; erst als Kind und Jugendlichen, dann auch als jungen Erwachsenen.

Isis Wolff erzählt ruhig, bildhaft und in teils poetischem Ton vom Leben im Banat. Erst genießt man die Idylle des ländlich gelegenen Pfarrhofs mit seiner üppigen Natur, später schleichen sich immer mehr die negativen Auswirkungen des Ceaușescu-Regimes in den Alltag ein. Dabei sind die Informationen zum Zeitgeschehen ganz nebenbei eingestreut und so dicht verwoben mir der Familiengeschichte, dass man kaum merkt überhaupt etwas politisch relevantes zu lesen. Und genau das zeichnet gute Literatur aus!

"Die Unschärfe der Welt" erzählt vom Dorfleben und von Gemeinschaft. Davon, dass verschiedene Sprachen, unterschiedliche Herkunft oder Religion kein Hindernis sind, sich gemeinsam einem Land zugehörig zu fühlen. Es erzählt von Diktatur, Enteignung, Diskriminierung, Repressionen, Ungleichbehandlung und steigendem politischen Druck, der in Flucht gipfelt. Aber das alles so sanft und so metaphorisch, dass man es trotzdem gerne liest. Und natürlich erzählt es von Familie und Freundschaft. Von Zusammenhalt und Liebe und den Opfern, die man dafür bereit ist zu bringen.

Ein wunderbarer Roman mit durchweg gelungenem Personal und einer leichten bildhaften Sprache, bei dem man sich auch wohlfühlt, wenn es wehtut.

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„Die Unschärfe der Welt“ ist ein sehr ruhiges und poetisches Buch. Es erzählt die Geschichte einer Familie über mehrere Generationen, einer deutschen Familie in Rumänien. Zuerst erfahren wir von Florentine und ihrem Mann Hannes, der Pfarrer der evangelischen Gemeinde in einem Dorf ist. Nach jedem Abschnitt wechselt die Hauptperson und man muss sich erst einmal kurz zurechtfinden, um wen es jetzt geht, in welcher Beziehung die Personen zueinanderstehen und in welcher Zeit wir uns befinden. Ich muss gestehen, dass mir ein bisschen historisches Hintergrundwissen gefehlt hat für die Geschichte und es mir deshalb manchmal schwerfiel, dass Geschehen einzuordnen. Im Verlauf des Buches wird es aber klarer, da sollte man sich nicht entmutigen lassen.



Das Buch lebt vor allem von seinen Figuren, die so wunderbar gezeichnet sind. Die stille Florentine, Karline, die dem König nachtrauert, Bene, der Buchhändler, bei dem man am liebsten sofort vorbeifahren würde. Und die Orte sind auch so wunderbar beschrieben, man möchte sich direkt in Florentines Garten ins Gras legen.



Allerdings macht es der Roman den Leserinnen und Lesern nicht immer leicht, man muss genau aufpassen, vielleicht auch zurückblättern, hier wird nichts auf dem Silbertablett serviert.



Ich muss sagen, dass ich mir anfangs etwas schwer getan habe mit der Geschichte, es aber immer besser wurde je weiter ich gekommen bin, je näher an die Gegenwart das Buch auch gekommen ist.



Eine Empfehlung an alle, die literarische, poetische Bücher mögen und die nicht unbedingt eine rasante Handlung brauchen.

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„Dass ihr in die letzte Ecke der Welt ziehen musstet, hierher, wo der Teufel seinen Hut verloren hat.“ – Iris Wolff erzählt eine Familiengeschichte aus dem Banat

Der Auftakt von Iris Wolffs Roman „Die Unschärfe der Welt“ ist aufregend: Florentine verliert beinahe ihr Kind und muss mitten im Winter mit Schlittengespann und Zug ins Krankenhaus nach Arad fahren, wo sie auch noch eines Abtreibungsversuchs bezichtigt wird.
Rumänien in den 70er Jahren: Der Diktator Nicolae Ceaușescu hat ein Abtreibungsverbot verhängt, weil er Untertanen benötigt. Alleine der Versuch, wird mit drakonischen Strafen geahndet. In dieser Realität lebt Florentine, eine junge Pfarrersfrau, die ihr Kind auf keinen Fall verlieren will. Im Krankenhaus begegnet sie nicht nur wachsamen Ärzten, die ihr unterstellen, ihr Kind abtreiben zu wollen, sondern auch zahlreichen Frauen, die den Vielvölkerstaat repräsentieren: Einer Roma, einer Rumänin, einer Siebenbürgerin. Wenige Wochen später bringt Florentine einen Jungen zur Welt: Samuel. Sie befasst sich intensiv mit ihrem Sohn, doch bald wird klar, dass er anders ist. Er spricht nicht. Als Bene und Lothar, zwei Studenten aus der DDR, auf dem Pfarrhof einkehren, entwickelt sich zwischen Bene und dem kleinen Samuel eine besondere Beziehung. Und Florentine stellt fest, dass auch Bene und Lothar mehr als nur Freunde sind. Hannes, Florentines Mann, bekommt wegen der Gäste aus der DDR sogar Ärger mit der Polizei – Alltag in einer Diktatur.
Schließlich fängt Samuel doch noch an zu sprechen. Und dann gleich in mehreren Sprachen. Neben Deutsch auch noch Rumänisch und Slowakisch. Er findet Freunde, vor allem Oswald, genannt Oz, der als kleines Kind als einziger anwesend war, als seine Mutter starb. Und Samuel verliebt sich – in die Slowakin Stana.
Gemeinsam mit Oz flieht er auf abenteuerliche Weise in den Westen, wo es ihm schwer fällt, Wurzeln zu schlagen. Eines Tages trifft er einen Buchhändler, der ihm nahe ist – und ein Kreis schließt sich. Nach dem Umsturz, kehrt er zum ersten Mal seit seiner Flucht wieder ins Banat zurück und erlebt dort eine Überraschung…
Iris Wolff erzählt die Geschichte einer deutschen Familie in Rumänien. Von Samuels Großmutter Karline, über seine Eltern Florentine und Hannes bis zur nachfolgenden Generation wird ein Bogen geschlagen, der sich über Zeiten und Länder hinweg erstreckt. Sprachlich ist das Buch ein Juwel. Iris Wolff schreibt poetisch und klar. Inhaltlich wird die politische Situation in Rumänien aufgegriffen und vom Leben in der DDR und in der Bundesrepublik erzählt. Bisweilen hatte ich den Eindruck, dass sich die Autorin ein bisschen in der wunderschönen Sprache verloren hatte und die Geschichte etwas unübersichtlich wurde. Trotzdem ist „Die Unschärfe der Welt“ ein wunderbarer Roman, der vom Leben und der Liebe, von Verlust und Schmerz erzählt.

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Im Roman „Die Unschärfe der Welt“ von Iris Wolff dreht sich alles um die Geschichte der Familie von Hannes und Florentine und deren Sohn Samuel, die im Banat leben – aber auch um weitere Familienmitglieder und Freunde – über 4 Generationen hinweg. Jedes der sieben Kapitel ist einem Teil dieser Verwandten und Freunde gewidmet und so reist man als Leser durch die Zeit bis hin zur Moderne und lernt die Familie in verschiedenen Stadien kennen und erfährt parallel noch viel über die Zustände der jeweiligen Zeit. Die Sprache ist poetisch und bildhaft und sehr intensiv. Freude, Schicksal und Leid sind nah verwoben und bereiten ein hochemotionales Leseerlebnis. Kleine Abstriche gibt es für die teilweisen zu abrupten Gedankensprünge.

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Von den ersten Seiten an war klar, dass dieses Buch etwas besonderes ist. Die Sprache, die Iris Wolff hier verwendet, ist unfassbar leicht und eindrücklich. Ich bin nur so durch die Seiten geschwebt: getragen von poetischen und prosaischen Worten. Insbesondere hat der sprachliche Aspekt dazu beigetragen, dass die sieben Geschichten so gut zu lesen waren. Denn jede Geschichte für sich betrachtet ergibt kein vollständiges Bild. Immer wieder sind Zeitsprünge vorhanden und offene Aussagen, deren tatsächliche Konsequenzen teilweise nicht abzusehen waren. So wird von einer Situation auf einem Feld mit einer Waffe und einem Schuss gesprochen, aber was genau passiert ist und welche Folgeerscheinung damit einhergehen, bleibt offen. Diese "Unübersichtlichkeit" hat mir teilweise etwas zu schaffen gemacht.
Doch genau das scheint die Magie dieser Geschichten zu sein: Es bleibt viel Raum für eigene Interpretationen, die eigene Fantasie und die Perspektive, dass nicht immer alles so ist wie es scheint. Nicht umsonst heißt dieses Buch "Die Unschärfe der Welt". Ich mochte manche Geschichten mehr als andere. Besonders gefallen hat mir die Sicht des deutschen Buchhändlers Bene, der teilweise lustige Dinge in Sachen Bücher geäußert hat. Beispielweise teilt er mit, dass er etwas gegen das Leihen von Büchern hat, indem er folgenden Gedanken hat: "Geliehene Bücher zu lesen war wie Sex wie angelassenen Klamotten." Da musste ich schon echt lachen! Andere Perspektiven waren weniger amüsant, dafür umso berührender. Doch zu weiteren Erzählenden möchte ich nun schweigen, denn das vorweg zu nehmen, wäre wirklich eine Schande! :)

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Iris Wolff erzählt in „Die Unschärfe der Welt“ die Geschichte von Samuels Familie über vier Generationen hinweg. Die Familie stammt aus dem Banat, wandert jedoch später nach Deutschland aus.

Darüber hinaus lässt sich der Roman, der für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert ist, nur schwer zusammenfassen: Jedes Kapitel begleitet eine andere Person, ist dabei jedoch Teil eines großen Ganzen. Die Sprache ist poetisch und gleichzeitig prägnant. Sie verbindet die Personen miteinander, inszeniert sie in ihrem Umfeld, in der entsprechenden Zeitgeschichte und ist dabei ein Meisterwerk an sich, was sich allein in der Wahl der jeweiligen Kapitelüberschriften zeigt.

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Iris Wolff erzählt die wechselvolle Geschichte einer rumänischen Großfamilie vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks. Sie verknüpft unterschiedliche Lebenswege, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlicher Distanz immer wieder begegnen.

Es ist wirklich mehr als beeindruckend wie Iris Wolff eine komplexe Familiengeschichte, die vier Generationen hinweg verbindet, in nur 216 Seiten erzählen kann. Das bedeutet aber auch, sich Zeit zu nehmen für dieses literarische Sahnestückchen. Ich musste mich erst ein paar Seiten einlesen, bis die Geschichte auf mich wirkte und ich mich der Sogwirkung des Buches nicht mehr entziehen konnte.

Die Autorin schafft es mit einer unglaublichen Leichtigkeit den Leser zu dieser Familie mitzunehmen. In eine Zeit des vorigen Jahrhunderts, in der in Rumänien Ceausescu gnadenlos über sein Volk herrschte, der eisernen Vorhang Risse bekam und in Deutschland Grenzen verschwanden.

Man hat das Dorf im Banat/Rumänien vor Augen, spürt den Alltag und die angespannte Situation dort, man freut sich und leidet mit Samuel, Florentine, Hannes und all den anderen absolut authentisch skizzierten Charakteren mit. Genau diese Wirkung entsteht in erster Linie durch die sprachliche Brillanz von Iris Wolff. Sie schreibt in einer klaren, direkten und zugleich poetischen Art und Weise vom Leben mit seinen Höhen und Tiefen.

Es hat mir große Freude bereitet, mich mit diesem bewegenden und beeindruckenden Text zu beschäftigen. Die Formulierung „beschäftigen“ habe ich gewählt, um zu verdeutlichen, dass es neben einer eindrucksvollen Familiengeschichte viele Feinheiten und Nuancen zwischen den Zeilen gibt, die es lohnt zu entdecken. Für mich ist Iris Wolff vollkommen zu Recht für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert.

Fazit: Sprachlich beeindruckendes Familienportrait

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Aufs Ganze

Ins Banat ist Florentine ihrem Hannes gefolgt. Als neue Pfarrersfamilie bewohnen sie das zur Gemeinde gehörende Haus, dessen Türen immer offen stehen. Wie weit ab sie von der Zivilisation sind, merkt Florentine als sie befürchten muss, dass mit ihrer Schwangerschaft etwas schief gehen könnte. Zum Bahnhof gelangt sie mit einem Pferdefuhrwerk. Zum Glück geht alles gut, denn Samuel wird ihr einziges Kind bleiben. Hannes hat es als Pfarrer nicht immer leicht. Manchmal ist er unsicher wie er dem Leid in den Familien begegnen soll. Besonders wenn der Tod vor der Zeit Einzug hält in einem Haus.

Zu Beginn meint man, die Handlung spielt möglicherweise zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch da täuscht man sich, Geschätzt setzt die Geschichte in den 1970ern ein. Ein Besuch aus der DDR lässt die Familie eine andere Wirklichkeit erfahren, was den Vater durchaus in Gefahr bringen kann. In sieben Kapiteln erzählt die Schriftstellerin von Florentine und ihrer Familie. Auf den ersten Blick scheinen diese Geschichten nur wenig zusammen zu hängen. Doch je weiter man liest, desto mehr lernt man die intelligent durchdachte Storyline zu schätzen. Immer neue Facetten kann man entdecken. Auf erstaunliche Weise schließt sich endlich ein Kreis und die verwobenen Lebenswege finden zu einer ausgewogenen Ruhe.

Zu Beginn fragt man sich logischerweise nach dem Sinn, kein Wunder, denn man weiß nicht, was auf einen zukommt. Doch mit jeder Geschichte wird der Zusammenhang klarer und man wird immer mehr gefesselt von den Menschen, die über ihr Leben berichten. Sie alle haben ihren eigenen Blick auf die Zeit. Die Umwälzungen in Rumänien, aber auch die Zeit der Wende, hinterlassen Spuren in dem Erleben, der Lebenssicht. Etwas eigen wirken sie, aber auch stark und irgendwie so normal und gleichzeitig besonders. Dieser Roman schleicht sich nach und nach an, um lange in Erinnerung zu bleiben.

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Die Schriftstellerin Iris Wolff wuchs in Rumänien auf, bevor sie als 8-jährige mit ihrer Familie nach Deutschland kam. Auch ihr Roman “Die Unschärfe der Welt” nimmt uns mit ins rumänische Banat. Von hier ausgehend wird in sieben Kapiteln und auf nur 216 Seiten vom Leben vierer Generationen erzählt. In nur wenigen Szenen gibt sie uns Einblick in das Leben der Protagonisten und verwebt diese leichthändig miteinander. Sie deutet an, erzählt nichts aus. Geschichtliche Fakten werden lose eingestreut. Hier ist nichts schwarz und weiß, dies ist ein Buch der Grauschattierungen. Und dennoch fand ich die Charaktere und deren Lebensumstände unglaublich prägnant und ausdrucksstark gezeichnet. So schreibt sie in wunderbar poetischer Sprache über Familien- und Freundschaftsbande, das Leben unter Terrorherrschaft, Flucht, Neuerfindung, Neuanfänge und den Zauber der Erinnerung. Ein wunderschöner Roman!

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Iris Wolff erzählt feinfühlig und mit brillanter Sprache die Geschichte einer Familie aus dem Banat, einer historischen Region in Südosteuropa, die heute in den Staaten Rumänien, Serbien und Ungarn liegt.

Wir begleiten die vier Generationen von der Zeit der Monarchie bis zum Ende der rumänische Revolution von 1989.

Im Verlauf des Romans lernen wir schwerpunktmäßig sieben Personen kennen, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist.
Diese Personen stehen miteinander in Verbindung und am Ende schließt sich der Kreis.

Mit Aufschlagen des Buches werden wir in eine mitreißende und packende Situation in die rückständig wirkende Zeit der 1960-er Jahre hineinkatapultiert: die Geburt von Samuel, der in jedem der sieben Kapitel eine zentrale Rolle spielt.

Er ist der einzige Sohn von Florentine und dem deutschstämmigen Pfarrer Hannes.
Florentine ist eine introvertierte Frau mit einer Leidenschaft für Bücher und Poesie.
Sie kümmert sich um die Familie ihrer bei einer illegalen Abtreibung verstorbenen Freundin Nika und um die Gäste, die ins Pfarrhaus kommen.
Auch Benedikt und Lothar aus der DDR gehören zu diesen Besuchern. Sie scheinen etwas im Schilde zu führen und nutzen die Gastfreundschaft von Florentine und Hannes ungewöhnlich lange aus.

Auch Samuel hat seinen besten Freund verloren: Echo wird er genannt, bevor er starb.

Dann ist da noch Karline. Sie ist die Mutter von Pfarrer Hannes, die aus einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie stammt und von besseren Zeiten träumt: von der vergangenen Monarchie.

Und auch Konstanty, der gewalttätige Ehemann von Florentibes slowakischer Freundin Malva, soll hier noch kurz erwähnt werden. Er ist ein Gegenspieler bzw. Unruhestifter in dieser dörflichen Welt im Banat. Er ist ein überzeugter Kommunist und Anhänger Ceausescus und die Pfarrersfamilie hat ihre liebe Not mit ihm.

Wir können uns die Charaktere, deren Umfeld und die Umstände, in denen sie leben, unschwer vorstellen, weil die Autorin sie uns unaufgeregt, empathisch und in wundervoller Sprache mit beeindruckenden Bildern nahebringt.
Die Figuren werden authentisch skizziert und dabei glaubhaft und undramatisch miteinander verbunden.

In dem Roman werden viele Themen gestreift:
Bedeutung von Familie und Freundschaften, Verlässlichkeit innerhalb der Familie, Identitäts- und Sinnsuche, Liebe, glückliche Umstände versus Fügung bzw. Zufall versus Schicksal.
Es geht auch um Zusammenhalt, Einsamkeit, Heimat und Sprache.

Eingebettet sind all diese Themen in eine unterhaltsame und fesselnde Familiengeschichte, deren Rahmen politische, gesellschaftliche und kulturelle Geschehnisse sind.

Ich empfehle diese spannende und berührende Familiengeschichte, deren melodische und poetische Sprache und originelle Bilder ein Genuss sind, sehr gerne weiter.
Iris Wolf ist eine Sprachkünstlerin mit einem ausgeprägtem Sprachgefühl.

Für mich ist der 216-seitige Roman ein Highlight.
Ein literarisches Sahnestückchen. Ruhig und gleichzeitig bewegend.

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Das Buch erzählt in wunderschöner Sprache die Geschichte der Familie von Florentine und Hannes, das Pfarrerehepaar in einen Dorf im Barnat. Die Geschichte wird in Episoden erzählt aus Sicht verschiedener Personen über mehrere Generation. Aber es schließt sich immer wieder der Kreis.
In das Buch kann man sich einfach fallen lassen und die Geschichte genießen. Die Handlung plätschert so dahin, wird aber nie langweilig.
Von mir gibt es 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

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Mein erstes Buch der Longlist überzeugt mit großer Sprache und einer fesselden Familiengeschichte.

Rumänien zur Zeit der UdSSR und Deutschland zur Zeit des eisernen Vorhangs, erzählt von sieben Charakteren. Vier Generationen erzählen die Familiengeschichte aus dem Banat und zeigen auf wie stark sie alle miteinander verbunden sind.

Das Buch hat einen zentralen Charakter, der in jedem Kapitel eine entscheidene Rolle einnimmt, aber nie selbst zu Wort kommt. Jede weitere Hauptfigur bekommt sein eigenes Kapitel und darf seine Sicht der Dinge erzählen, außer Samuel. Ihn lernen wir nur durch die Augen der Anderen kennen und doch war er mir sehr schnell sympatisch. Die ganze Familie hat es geschafft mich zu fesseln und zusammen mit der beeindruckenden Sprache, ergibt es eines meiner Lesehighlights für dieses Jahr.

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Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht - zumindest meiner Meinung nach - Samuel. Das recht kurze Buch ist in mehrere Kapitel aufgeteilt, die jeweils aus einer anderen Perspektive geschrieben werden und zwischen den Kapiteln ist immer einiges an Zeit vergangen, mal mehr, mal weniger. Es beginnt mit Florentine, die gerade mit ihrem Mann Hannes in den Banat gezogen ist. Hannes ist dort Pfarrer. Florentine geht ganz in der Gartenarbeit auf. Sie ist schwanger und nach einigen Problemen und einer beschwerlichen Reise kommt Samuel auf die Welt. Ein ruhiger Junge, der lange gar nicht spricht und auch später oft schweigt und sich Worte für Bedeutsames aufbewahrt. Die Geschichte spielt im Banat und später auch in Deutschland. Das Leben hinter dem Eisernen Vorhang, die Einschränkungen, Bespitzelungen etc spielen auch immer eine Rolle, wenn auch nicht immer eine Hauptrolle. Es ist eine Familiengeschichte über mehrere Jahrzehnte, verfasst in einem tollen Schreibstil und eine interessante Erzähltechnik.

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Hier kommt ein Highlight! Ich kann nur sagen: ich bin begeistert! Nicht von Anfang an. Was anfänglich wirkt, wie das nicht so aufeinander abgestimmte und sehr ruhige Erzählen von Lebensgeschichten von deutschsprachigen Menschen aus Rumänien und ihrem Umfeld, wandelt sich nach und nach zu einem intensiven Bericht, der immer mehr an Intensität zunimmt und mich schließlich lodernd zurücklässt. Vollkommen nachvollziehbar für mich ist dieses Buch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2020 gelandet. Doch verblüfft hier nicht nur die Intensität des Geschilderten, auch die Art des Beschriebenen, diese Tiefe und Schönheit in der Sprache besticht ungemein. Ein wunderbares Buch! Nach diesem eher ruhigen und gesetzten Beginn hätte ich niemals vermutet, dass mich dieses dünne Büchlein so anzünden könnte. Obwohl ich thematisch sicher schon so etwas hätte ahnen können. Zeitlich ist dieses Buch von der tiefen sozialistischen Zeit Rumäniens unter dem Regime des Ceaușescu-Regimes bis ins Jetzt einzuordnen. Die deutschsprachigen Personen sind den Banater Schwaben zuzuordnen und man erfährt viel aus dem Westen Rumäniens. Man gewinnt Einblicke in das Wesen der Diktatur. Und man bekommt vermittelt, was eine Flucht und auch irgendwie eine Fremdheit, trotz des gleichen Volkes und der gleichen Sprache, bedeutet. Denn das lange Leben in der Ferne hat ja auch Folgen. Ende des 17. Jahrhunderts wanderten die Banater Schwaben in Rumänien ein und erfuhren kulturell ja auch eine Veränderung. Ein lehrreiches Büchlein und ein äußerst interessantes Büchlein. Und ein Büchlein, was genau das mit mir gemacht hat, was ich mir wünsche. Es hat mich tief berührt!!!

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Manche Bücher lese ich und bin dabei so in die Sprache verliebt, dass ich den Inhalt ausblende und einzelne Abschnitte nochmal lesen muss, um zu begreifen, was mir die wundervolle Ausdrucksweise vermitteln möchte. Iris Wolffs Roman ist so ein Buch.

"Sprache konnte nicht mehr sein als ein Anlauf zum Sprung." (S. 82 im E-Book).

Irgendwann zu Zeiten der DDR lebt in Banat, einer Region, die es heute schon nicht mehr gibt, eine Familie aus vier Generationen. Jede Generation hat ihre eigene Stimme und ihre eigene Geschichte und Wolff lässt einzelne Personen der Familie zu Wort kommen. Zeitlich geht sie in der Erzählung nicht immer chronologisch vor, aber am Ende entsteht ein zusammenhängendes Portrait dieser Familie.

Jedes Kapitel ist wie ein neuer Romananfang und wir müssen uns selbst darin zurechtfinden. Wer sind die Personen, wo und wann spielt es? Und umso überraschter war ich jedes Mal, wenn die Zusammenhänge plötzlich klar werden. Wolff gibt uns Lesern wenig Hilfestellung und vieles wird eher implizit an uns herangetragen. Mehr als einmal habe ich Stellen gelesen und irgendwie nicht ganz verstanden, weil mir der historische Kontext gefehlt hat.

Vor dem Roman war mir das Banat kein Begriff und Wolff macht sich auch nicht die Mühe, darauf einzugehen. Sie holt uns Leser nicht da ab, wo wir stehen, sondern sie erwartet, dass wir zum Roman kommen und uns damit auseinandersetzen. Also habe ich das Banat gegoogelt und mal was für meine Allgemeinbildung getan (kann ich jedem empfehlen.

Das ist mein erster Roman dieses Jahr, der mich durch seine poetische Sprache seitenweise wirklich bewegt hat. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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Eine Roman voller Poesie und melancholischer Melodie. Trotz des begrenzten Raumes von nur 200 Seiten passiert in diesem Buch so viel. Mit episodischen Erzählungen in den Kapitel schafft es die Autorin Iris Wolff eine ganze Menge zu erzählen. Eine Vielzahl an Charakteren begegnet man in DIE UNSCHÄRFE DER WELT und alle haben eine Rolle. Alle haben einen Weg, die sich am Ende des Buches alle irgendwie kreuzen. Es ist eine feinfühlige, feinhumorige Erzählung, die man auf sich Wirken lassen muss. Diese Wirkung wird nicht bei jedem funktionieren. Aber man darf dem Buch trotzdem eine Chance geben. Beim Lesen bauen sich Bilder im Kopf, die das Leseerlebnis intensivieren. Man sitzt neben den Protas und erlebt deren Geschichte hautnah mit. Ein intensiver, melancholischer Roman, der einen sowohl berührt und mitreißt.

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Der Weg des Lebens…

Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Tür geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätte Samuel seinem besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden, wenn er das Ausmaß seiner Entscheidung überblickt hätte? In „Die Unschärfe der Welt“ verbinden sich die Lebenswege von sieben Personen, sieben Wahlverwandten, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlichen Distanzen unaufhörlich aufeinander zubewegen. So entsteht vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein großer Roman über Freundschaft und das, was wir bereit sind, für das Glück eines anderen aufzugeben. Kunstvoll und höchst präzise lotet Iris Wolff die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache und Erinnerung aus – und von jenen Bildern, die sich andere von uns machen. (Quelle: Klappentext)

„Die Unschärfe der Welt“ ist das neue Buch von Autorin Iris Wolff, das u.a. auch für den Deutschen Buchpreis 2020 nominiert ist. Schon auf den ersten Seiten überzeugt der Roman mit seinem bildgewaltigen Schreibstil. Iris Wolff schreibt atmosphärisch dicht, detailreich, fesselnd und gleichzeitig mit einer unglaublichen Ruhe – diese Mischung hat mir unheimlich gut gefallen.
Das Buch ist unterteilt in sieben Abschnitte, in dem wir verschiedene Personen und ihre Lebenswege kennen lernen. Schnell wird klar, dass sie alle auf besondere Weise miteinander verbunden sind. Im Mittelpunkt stehen Florentine, Hannes und ihr Sohn Samuel. Schon das erste Kapitel gibt einen sehr intensiven Einblick in Florentines Leben – beginnend mit Samuels Geburt.
Sowohl die Umgebungen, als auch die Empfindungen der verschiedenen Personen werden sehr gut und oft mit poetischer Note wiedergegeben:

„Der Rost fraß geduldig das Eisentor. Die Kastanien reichten bis zum Kirchendach. Eine Wolke hatte sich am Turm verfangen. Sein Blick rutschte daran ab.
Erst als erneut Wind aufkam, hörte Hannes auf zu spielen. In jedem Wind steckt ein Teufel, sagten die Rumänen. Heute war es der Zweifel.“ – Seite 39, eBook

Die Geschichten verteilen sich über viele Jahre und geben Begegnungen, Augenblicke und die Folgen getroffener Entscheidungen wieder. Auch Erinnerungen der Figuren an Vergangenes und deren jeweilige Lebenswege sind großartig in Worte gefasst.

„Karline sah über Felder, Berge, die Silhouette der Stadt, doch erst allmählich bildete sich eine Ordnung, wurde das Panorama zu etwas, das sie kannte.
Wie weit entfernt alles war.
Oder war sie entfernt von allem?“ – Seite 68, eBook

„Bene hatte ein Gedächtnis für Bücher.
Nein, Bücher waren sein Gedächtnis. Sie bewahrten die Zeit auf, in der er sie gelesen hatte.“ – Seite 114, eBook

Die gesamte Geschichte mit ihren sieben Abschnitten entwickelt sich interessant und auch auf gewisse Weise spannend und hat ein stimmiges Ende, das nochmal einiges aufzeigt.

Mein Fazit: Ein besonderes Buch, das mit einer dichten Atmosphäre und dem bildgewaltigen Schreibstil überzeugt. Detailreich, intensiv und manchmal auch poetisch erzählt Iris Wolff aus dem Leben von sieben Personen, die eine Verbundenheit eint. Besonders die Beschreibungen von kleinsten Details – Momentaufnahmen von einzelnen Augenblicken, Empfindungen der stark dargestellten Charaktere oder auch beeindruckende Beschreibungen der Schauplätze – ist sehr gut gelungen. Ein wirkliches Lesehighlight, das packend und zugleich sehr ruhig erzählt wird. Großartig!

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Ein richtiges Wohlfühlbuch

Eine Familie im Banat wird hier zum „Protagonisten“ und wir dürfen diese Menschen über vier Generationen begleiten, mit ihnen fühlen und den versponnenen Fäden folgen. Die Geschichte beginnt mit Hannes, dem Pfarrer, seiner Frau Florentine und Sohn Samuel. Als zwei Studenten aus der DDR an ihre Tür klopfen, ahnt die Familie nicht, wie sich dies noch auf ihr Leben auswirken wird. Immer wieder war ich fasziniert, welche Wendung die Geschichte nimmt und wie mich die Autorin überraschen kann. Das Buch zählt definitiv zu meinen Lesehighlights 2020.

Eingeflochten sind die politischen Zusammenhänge des sozialistischen Regimes, wobei nicht alles ausgesprochen wird und man dennoch erahnen kann, wie eine Glocke aus Misstrauen Denunziationen über den Menschen schwebt. Aber es geht auch um Freundschaft, Liebe, um Unterstützung, Vertrauen und Neuanfang.

Womit mich aber dieser Roman am meisten überzeugen konnte, war die Sprache. Iris Wolff schöpft ein ganzes Repertoire an sprachlichen Raffinessen aus. Mal poetisch, dann melancholisch – einfach ein genussvolles Lesen.

Sehr gerne empfehle ich dieses Buch weiter und ich vergebe die volle Punktezahl mit der Hoffnung, dass viele Leser sich daran orientieren.

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Das erste Buch, welches ich von dieser Autorin gelesen habe, aber sicher wird es nicht das einzige bleiben.
Wunderschöne, poetische Sprache, in der eine atmosphärisch dichte Geschichte erzählt wird.
Ein Generationenroman, aber für mich stand das nicht im Vordergrund, sondern wie mit Ereignissen und Erinnerungen umgegangen wird, wenn die Geschichte eines Staates einen so großen Einfluss auf dass individuelle Leben hat. Einen Einfluss, den jeder Staat auf jeden Menschen hat, aber eben nicht in gleicher Ausprägung je nach Land.
Große Literatur, auch wenn mein einziger Kritikpunkt sein könnte, dass die Sprache die Geschichte einfach zu sehr in den Hintergrund rückt, aber mich hat das nicht gestört. Wer aber mehr nach Handlung als nach Stil sucht, der sollte vielleicht ein anderes Buch wählen.

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Die Unschärfe der Welt ist ein kleines aber feines Buch. Die Geschichte einer Familie aus dem Banat wird episodenhaft aus der Perspektive verschiedener Personen erzählt. Die Erzählweise ist nicht immer ganz chronologisch und manchmal dauert es ein paar Seiten, bis klar ist, an welcher Stelle der Geschichte man sich befindet und wer nun der Erzähler ist. Da das Buch aber wunderschön und sehr einfühlsam geschrieben ist, mindert dies das Lesevergnügen aber nicht im geringsten. Die Personen sind allesamt sehr sympathisch und mein größter Kritikpunkt ist eigentlich, das die Geschichte nur so kurz ist, da ich gerne noch viel mehr über sie erfahren hätte.

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Klappentext:
„...Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Tür geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätte Samuel seinem besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden, wenn er das Ausmaß seiner Entscheidung überblickt hätte?...“

Autorin Iris Wolff hat mich mit ihrem Roman „Die Unschärfe der Welt“ sehr stark getroffen. Allein ihre Wortwahl und das gesamte Zusammenspiel zwischen den Personen, der Zeit und dem, was die Zeit eben bringt, was kommen wird, war einfach überwältigend gut. Wolff geht mit ihren Protagonisten gefühlvoll aber dennoch bestimmend vor und wir Leser erleben Menschen, die die Zeit leben in der die Geschichte spielt. Die Frage von „Hätte? Wäre? Wenn?“ ist hier der rote Faden der besonderen Art. Die Personen wurden sehr detailliert und emotional von Wolff gezeichnet. Das Leben der damaligen Zeit verschmilzt beim lesen in ein Gedankenkino, welches lange nachhallt und den Leser beschäftigt. 7 Generationen in 7 Geschichten und mit ganz besonderen Charakteren, die mal mehr oder auch gar nicht zu Wort kommen, wir aber dennoch so unheimlich viel erfahren, das die Geschichte unheimlich fesselt.
Eine ganz poetische Geschichte, die die Gedankenwelt der Leser nachhaltig beeindruckt - 5 von 5 Sterne!

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„Es gab eine Zeit, die vorwärts eilte, und eine Zeit, die rückwärts lief. Eine Zeit, die im Kreis ging, und eine, die sich nicht bewegte, nie mehr als ein einzelner Augenblick.“ (Zitat Pos. 390)

Inhalt
Der junge Pfarrer Hannes erhält seine erste eigene Pfarrstelle und so zieht er mit Florentine, seiner Frau, in ein Dorf im Banat, wo auch ihr Sohn Samuel geboren wird. Das Leben der deutschsprachigen Bevölkerung im kommunistisch regierten Rumänien ist schwierig. Misstrauisch wird beobachtet, wer die Gastfreundschaft des Pfarrhofes für Übernachtungen in Anspruch nimmt, besonders, wenn es Reisende aus der DDR sind. Samuel beginnt spät zu sprechen und ist wie seine Mutter nachdenklich und schweigsam, ein Außenseiter. Nika, die sehr jung gestorben ist, war die beste Freundin von Florentine und Nikas Sohn Oswald „Oz“ ist jetzt der beste Freund von Samuel. Nach den Erfahrungen im Militärdienst will Oz Rumänien verlassen, doch er bekommt keine Ausreisegenehmigung. Was bedeuten seine Visionen von Drachen, die ihn immer wieder heimsuchen? Samuel erklärt es ihm, denn er hat die Lösung – Drachen fliegen…

Thema und Genre
In diesem zeitgeschichtlichen Generationenroman geht es um eine Familie und ihre Freunde und Bekannten, um das Leben und Schicksal von vier Generationen in einer politisch unsicheren Zeit, die geprägt ist von der Diktatur und Unterdrückung unter Nicolae Ceaușescu, und von den nachfolgenden Veränderungen. Es geht um Entscheidungen, Zufälle, und um die Liebe, vor allem aber um den uneingeschränkten Zusammenhalt einer Familie.

Charaktere
Im Mittelpunkt stehen die Mitglieder der Familie um Hannes und Florentine, das sind Karline und Johann, die Eltern von Hannes, sowie Samuel, der Sohn von Hannes und Florentine. Sie alle versuchen auf unterschiedliche Art, das Leben mit allen Höhen und Tiefen zu meistern.

Handlung und Schreibstil
Die Handlung spielt in Rumänien und Deutschland, in den Jahren vor und nach dem Fall der Berliner Mauer und der Grenzöffnung. Die Ereignisse im Leben der Familienmitglieder werden episodenhaft erzählt. Neue Begegnungen erweitern den Personenkreis, manche bleiben als Freunde, andere entfernen sich wieder, bis sich mit den Jahren und den Erinnerungen langsam der Kreis schließt. Teilweise fühlte die Handlung sich für mich zu bruchstückhaft an, wie Momentaufnahmen, die rasch vorbeiziehen. Was mich jedoch beeindruckte und immer wieder in die Geschichte zurückholte, war die auf eine leise Art sehr intensive, eindringliche Erzählsprache.

Fazit
Ein Roman von der Suche nach dem Platz im Leben, vom Aufbruch und von Menschen, die zwischen Heimat, Freiheit und Fremde entscheiden müssen, bevor die Grenzen fallen und sich der Kreis der Generationen wieder schließt. Ein Zeitbild, eindrücklich erzählt.

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Iris Wolf schreibt eine große Geschichte in der es, um Liebe geht aber auch politische Hintergründe eine sehr große Rolle spielen. Es geht um die Geschichte einer Familie im Banat. Der Sozialismus im damaligen Rumänien ist von totalitären Zügen und Mangelversorgung der Bevölkerung geprägt. Ähnlich wie in der DDR werden anders Denkende beobachtet und sogar verhört. Junge Menschen fliehen aus diesem Kessel.Es ist ihres Wolf gelungen, die einzelnen Schicksale in diese politische Situation ein zu fassen und somit den Protagonisten mit zu fühlen. Ihre Sprache ist sehr gewaltig und gefühlsbetont. Dieses Buch lässt uns mit Den Personen um ihr Glück bangen.

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